25 Jahre - Damals: Eine Exkursion zur Gedenkstätte „Point Alpha“


Exkursion zur Gedenkstätte „Point Alpha“


Eine Schilderung von Laura MichelleSchulz und Marie Scharff 

Der mit Bildern auch im Anhang!

  Für uns Schüler ist es immer eine willkommene Abwechslung, wenn die Routine des Schulalltags von Ausflügen unterbrochen wird. Am Mittwoch, dem 14. Mai 2014, war es für die Kursstufe 11 wieder einmal soweit! Eine Exkursion zur Gedenkstätte „Point Alpha“ bei Geisa, einem kleinen Örtchen in der Nähe von Eisenach, stand vor der Tür. Im Rahmen des Geschichtsunterrichts war ein Ausflug organisiert worden, der es allen Schülern ermöglichen sollte, dieses Überbleibsel deutsche Geschichte zu erleben.  

Der Bus fuhr beinahe pünktlich um 8 Uhr von der Haltestelle in der Wallrothstraße ab. Die nächsten drei Stunden verbrachten wir im Bus auf der Landstraße. So ging es bergauf, bergab und um einige Kurven, die es so manchem ganz flau im Magen werden ließen… Einigen kam die lange Busfahrt jedoch auch sehr gelegen, zum Schwatzen mit dem Nachbarn, um ein Nickerchen zu halten oder um endlich das Buch für den Deutschunterricht zu beginnen!

Gegen Elf Uhr erreichten wir den Parkplatz der Gedenkstätte. Beim Aussteigen kam uns ein Schwall schlechten Wetters entgegen, kalte Temperaturen, Regen und starker Wind. Doch trotzdem konnte man hinter Bäumen halb verborgen schon ehemalige Grenzanlagen, z.B. einen alten Wachturm erkennen.  Wir wurden von einem Mitarbeiter der Gedenkstätte empfangen und machten uns sofort auf den Weg ins Trockene. Das Stück rekonstruierte Mustergrenze, welches wir dabei passierten, fiel uns zunächst gar nicht auf, da wir uns gegen den Wind stemmten und einen Regenschirm vor uns hielten.

 Aus ebendiesem Grund kam es auch sehr plötzlich, als wir auf einmal ein Gebäude erreicht hatten. Wie wir später erfuhren, handelte es sich dabei um das „Haus auf der Grenze“, ein Bau der dort steht, wo zu Zeiten des Kalten Krieges die Trennlinie zwischen  Hessen und Thüringen, West- und Ostdeutschland, verlief. Heute beherbergt dieses Haus eine Ausstellung und mehrere Seminarräume. In einem dieser Seminarräume wurden wir wenige Minuten später empfangen. Es gab eine kleine Ansprache seitens der Leitung der Gedenkstätte und zwei unserer Begleitpersonen, Herr Heise und Frau Bothe vom Verein „Gegen Vergessen -für Demokratie“, stellten sich vor.

Anschließend wurden wir in zwei Gruppen eingeteilt: eine Gruppe würde vorerst im Haus auf der Grenze bleiben, die Ausstellung besichtigen und an einem Workshop teilnehmen, die andere Gruppe, zu welcher wir gehörten, machte sich erneut auf den Weg durch den Regen, in die Richtung, aus welcher wir gekommen waren, um uns einen beinahe original erhaltenen ehemaligen Militär- und Nachrichtenstützpunkt der US-Amerikaner aus dem Kalten Krieg anzusehen – den Ort, den wir heute „Point Alpha“ nennen.

Dazu taten wir gleich zu beginn etwas, was vor 25 Jahren noch unvorstellbar gewesen wäre: wir überschritten die Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland. Bevor wir uns die alten Grenzanlagen, die Beobachtungstürme und die Kriegsfahrzeuge, die auf dem Gelände zu besichtigen waren, ansahen, versammelte sich unsere Gruppe in einem kleinen Raum, wo uns eine kurze Präsentation über den historischen Hintergrund der Gedenkstätte und über alles, was man dort besichtigen konnte, vorgeführt wurde.

   

Wir konnten Fragen stellen und unser Wissen aus dem Geschichtsunterricht, über den Kalten Krieg und die Teilung Deutschlands, unter Beweis stellen. Wir Schüler übten uns jedoch lieber in Zurückhaltung. Man vertraute darauf, dass irgendjemand sich schon melden würde, und da manche Fragen doch zu einfach waren, hatte man umso mehr Angst etwas Falsches zu sagen. So wurde es immer stiller und die Situation ein bisschen peinlich. Unser Lehrer versuchte, sie mit motivierenden Aufforderungen an uns zu retten…

Zum Glück ging es gleich wieder an die frische Luft, mittlerweile hatte es sich das verspätete Aprilwetter wieder anders überlegt und der Regen hatte aufgehört. Nun begann sogar die Sonne zu scheinen! Wir besichtigten „Point Alpha“, stiegen auf den Beobachtungsturm auf westlicher Seite, sahen uns die Mustergrenzanlagen mit Stacheldraht, Hundelaufanlage und LKW-Sperren an.

Die Nachricht, dass im Grenzstreifen auch viele Minen gelegen hatten, ließ einige, die etwas abseits spaziert waren, schnell wieder auf den betonierten Grenzweg zurückkehren… Wir hörten von waghalsigen Fluchtversuchen, und uns erschienen diese noch wahnwitziger und gefährlicher, als ich mich so nah an dem Ort befand, an dem sie sich abgespielt hatten!

Nachdem wir der Mustergrenze immer weiter gefolgt waren, kamen wir schließlich wieder am „Haus auf der Grenze“ an. Die erste Gruppe war pünktlich fertig geworden, sodass wir nun ebenfalls eine Runde durch die Ausstellung drehen konnten. Diese war sehr interessant gemacht, mit Modellen der Umgebung und der Grenze, viel Bild und sogar Tonmaterial zum Kalten Krieg und über Schicksale von Menschen, die versucht hatten, die deutsch-deutsche Grenze zu überwinden. Doch unsere Führerin hatte keinesfalls die Absicht, uns alles zu zeigen! Wir sollten uns einiges selber erarbeiten. In dem folgenden Workshop ging es darum, anhand von Fragen zu einem bestimmten Thema einen kleinen Vortrag auszuarbeiten. Wir hatten uns jeweils zu sechst zusammengetan und hatten nun rund eine Stunde Zeit, um unsere Präsentation vorzubereiten. Um uns die Arbeit zu erleichtern, bekamen wir Laptops zur Verfügung gestellt und konnten in der gesamten Ausstellung nach Antworten zu unseren Themen suchen.


Da wir eine der schnellsten Gruppen gewesen waren, konnten wir uns ein sehr interessantes Thema heraussuchen. Es handelte sich um die Stasiakte zweier Jugendlicher aus der DDR, welche einen Fluchtversuch unternommen hatten. Tragischerweise war einer der Jungen dabei ums Leben gekommen. Unsere Aufgabe war es nun, den gesamten Tathergang zu rekonstruieren und die Verschleierungsmaßnahmen, welche die Stasi unternommen hatte, herauszufinden und zu erklären. Außerdem hatten wir uns mit der schwierigen Frage auseinanderzusetzen, ob die Grenzpolizisten rein aus Pflicht gehandelt hatten, als sie den 15-jährigen Flüchtigen erschossen.

Bevor wir der Gruppe allerdings unsere Ergebnisse präsentieren sollten, gab es erstmal Mittagessen in der früheren Kantine der US-Soldaten – dem „Black Horse Inn“. Typisch amerikanisch bestand das Angebot überwiegend aus Fastfood. Alle empfanden es aber als angenehm, sich nach einem neuerlichen Regenguss in der Gaststätte aufzuwärmen und sich etwas auszuruhen…


 

Die letzte Kraft brauchten wir dann noch einmal für unsere kurzen Vorträge. Jeder stellte seine Arbeit in einer fünf- bis fünfzehnminütigen Präsentation vor, manche hatten sogar eine kleine Powerpoint-Präsentation vorbereitet. Letztendlich konnten leider nicht einmal alle zu Wort kommen, weil manche sich nicht ganz an das Zeitlimit gehalten hatten.

    Nach einem Tag voller Eindrücke und Entdeckungen brachten wir nochmals eine dreistündige Busfahrt hinter uns.  Vielleicht ist es doch manchmal entspannender, im Klassenraum sitzend  auf ein Blatt Papier zu schreiben. Eindrucksvoller und anschaulicher ist das aber auf keinen Fall!

Zurück